Siegen. Im Fußballstadion wird gekickt, in der Kirche gesungen. Das stimmt, trifft aber kaum mehr als zur Hälfte zu. Denn was wäre ein Fußballstadion ohne die Gesänge der Fans? Was wäre die Kirche ohne die große Geschichte von Gott und seiner Liebe für die Welt? Beides entbehrte an Schönheit und Tiefe und Sinn. Beides findet zur Weihnachtszeit seit ein paar Jahren in Siegen einen Ort, an dem ein Mehrwert entsteht: Das Weihnachtssingen im Leimbachstadion verbindet das Stimmungsvolle, Fröhliche und auch Friedvolle der Weihnachtsbotschaft mit der menschlichen Sehnsucht nach einem Miteinander. Seite an Seite und gern auch Hand in Hand wird aus „Fremd“ plötzlich „Freund“. Das „You’ll never walk alone“ unterstreicht in diesem Augenblick das „Fürchte dich nicht“.
Auch das 7. Siegener Weihnachtssingen findet am Samstag vor dem dritten Advent statt. Am 14. Dezember öffnen sich die Stadiontore um 15 Uhr. In einem kleinen Weihnachtsdorf gibt es unter der Tribünenrückseite ein feines Angebot für Leib und Seele, ehe um 16.30 Uhr im Stadion selbst das Weihnachtssingen beginnt. Das Publikum hat auf der überdachten Tribüne Platz, ist spätestens dann ausgestattet mit Kerze und mit Liederheft und darf sich freuen, nun einen Weihnachtshit nach dem anderen anzustimmen: von „Wir sagen euch an den lieben Advent“ über „In der Weihnachtsbäckerei“ und „Leise rieselt der Schnee“ bis zum so besonders anrührenden „Stille Nacht“ im Lichterschein.
Taktgeber von der Bühne auf dem Grün ist die Brass Band Geisweid, die unter Leitung von Ray Zizka mit Musik und Gesang das Weihnachtssingen anleitet und begleitet und auch vorab schon zur Einstimmung einen besinnlich-unterhaltsamen Rahmen schafft. Das gemeinsame Singen stehe in diesem Jahr ausdrücklich im Mittelpunkt des Programms, betont das Veranstalterteam, das sich aus Engagierten aus der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Siegen-Olpe-Wittgenstein und dem Sportfreunde Siegen 1899 e.V. zusammensetzt.
Einen besonderen musikalischen Akzent setzt bei der 2024er Auflage der Gitarrist Werner Hucks mit Bearbeitungen von adventlichen Liedern, die er gemeinsam mit der prominenten Theologin Margot Käßmann auch auf einer CD herausgegeben hat. Der Weg von der Musik zum Fußball ist für den bundesweit renommierten Musiker nicht weit. „Meine Beziehung zum Fußball und meine Begeisterung waren als Kind im Ruhrgebiet naturgemäß sehr groß: In der Freizeit haben wir viel mit Freunden gekickt“, berichtet der in Niederschelden lebende Hucks. Das ein oder andere Mal habe er mit Freunden auch das Duisburger Stadion besucht. Er erinnere sich an ein Spiel des MSV gegen den FC Bayern München, „bei dem wir uns als Pimpfe bis an den Zaun vorgearbeitet hatten und aus nächster Nähe Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Paul Breitner, Sepp Maier und andere damals auf unseren mit viel Eifer gesammelten Fußballbildern abgebildeten Legenden spielen sehen konnten“.
Die Schirmherrschaft hat, wie in den Vorjahren, Siegens Bürgermeister Steffen Mues übernommen. Er ist nach wie vor begeistert vom Vermögen der Veranstaltung, „eine Brücke zu schlagen zwischen Kirche und Stadion, zwischen Gottesdienstbesuchern und Stadiongängern“. Er schätze „die besondere, berührende Atmosphäre, wenn auf den Rängen die vertrauten Weihnachtslieder angestimmt werden“. Sein liebstes Lied sei „ganz klar ,O du fröhliche‘, das Weihnachtslied überhaupt“. Mues: „Es drückt Optimismus und Fröhlichkeit aus, und obwohl es schon 200 Jahre alt ist, wirkt es absolut zeitlos.“
Der Bürgermeister liest beim Weihnachtssingen traditionell die Weihnachtsgeschichte vor und stützt sich bei dieser Aufgabe auf die bekannte Fassung des Textes aus der Luther-Bibel: „Es begab sich aber zu der Zeit …“ Mit diesen Worten beginnt das zweite Kapitel des Lukas-Evangeliums. Vertraute Klänge, zu denen auch die Bitte um „Frieden auf Erden“ gehört. Steffen Mues: „Frieden und Aussöhnung sind das, was ich mir für unsere Welt wünsche. Dazu gehört auch, dass wir uns bewusst machen sollten, wie privilegiert wir hier sind, was für ein Glück es ist, in einer Demokratie zu leben.“ Diese Demokratie sei kein Selbstläufer, sondern benötige Menschen, die sie schützten und für sie einträten. Er wünsche sich, dass „wir uns bemühten, unserem Nächsten freundlich und höflich zu begegnen, und – ganz wichtig – optimistisch und zuversichtlich in jeden neuen Tag gehen“.
Das Weihnachtssingen im Leimbachstadion, das lehrt die Erfahrung, könnte dafür ein Übungsfeld sein. Den geistlichen Impuls unter der Überschrift „Weihnachten, in 90 Sekunden erklärt“ übernimmt der katholische Pfarrer Karl-Hans Köhle, der Dechant des Dekanats Siegen.
Die organisatorischen Fäden der Veranstaltung hält ein durchweg ehrenamtlich engagiertes Team zusammen. So sind auch die Fußballerinnen und Fußballer der Sportfreunde Siegen an diesem dritten Adventssamstag für das Gelingen des großen Ganzen mitverantwortlich: beim Aufbau der Bühne, beim Aufstellen von Weihnachtsbäumen und Lichtertonnen, in der Würstchenbude und an der Waffelstation, beim Glühwein- und Punschausschank, als Wegweiser und Ansprechpartner. „Das Weihnachtssingen ist eine Veranstaltung des Gesamtvereins. Jeder hat seine Aufgabe – von den Kleinsten bis zu den Spielern der ersten Mannschaft“, unterstreicht Sportfreunde-Vorsitzender Roland Schöler. Dass in diesem „Weihnachtsstadion“ das Verbindende alles, was Menschen viel zu oft unterscheidet und trennt, vergessen lässt, sei für ihn von unschätzbarem Wert. Schöler freut sich, dass das Brauhaus Irle in diesem Jahr warme und kalte Getränke für alle Gäste kostenfrei zur Verfügung stellt.
Die Veranstalter arbeiten nun kräftig daran, Hunderte von Menschen für das 7. Siegener Weihnachtssingen zu gewinnen. „Wir wollen gern wieder über die 2000 kommen“, sagt der evangelische Pfarrer Günther Albrecht. Tickets gibt es ab sofort im Vorverkauf bei den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden sowie den beteiligten Freikirchen, in Siegen in der Geschäftsstelle der Sportfreunde Siegen, bei der Alpha-Buchhandlung, im Cafe&Bar Celona, im Cafe Extrablatt sowie im K3 – CityPastoral Siegen. In Weidenau läuft der Vorverkauf über die Buchhandlung MankelMuth und die Copythek Ankele. Online können Tickets über die Homepage der Sportfreunde Siegen erworben werden: www.sportfreunde-siegen.de.
Dank zahlreicher Förderer, Sponsoren und weiterer Unterstützer (u.a. Klaus und Heidi Vetter Stiftung) können die Eintrittspreise niedrig gehalten werden: Das Ticket kostet 5 Euro bzw. 3 Euro (ermäßigt). Kinder zwischen 7 und 14 Jahren bezahlen 2 Euro, bis 6 Jahre haben sie freien Eintritt.
Zur guten Tradition des Weihnachtssingens gehört, dass ein Teil des Erlöses gemeinnützigen Zwecken zugutekommt. In diesem Jahr werden „Hörst du mich?“, das Beratungszentrum für Kinder und Jugendliche lebensbedrohlich erkrankter Eltern des Caritasverbandes Siegen-Wittgenstein e.V., und der Siegener Tafel e.V. besonders unterstützt. – Claudia Irle-Utsch
Bildzeilen
Werner Hucks bereichert das 7. Siegener Weihnachtssingen mit Adventsmusik auf der Gitarre. Foto: Paul Yates